Fachkommentar: Mag. pharm. Gabriele Müller
Stress ist eine natürliche Reaktion unseres Körpers auf eine Herausforderung körperlicher oder geistiger Art.
Denn vor noch nicht allzu langer Zeit war es überlebenswichtig, dass unser Körper bei Gefahr zu Höchstleistungen aufläuft, um für einen Kampf oder die Flucht gerüstet zu sein. Puls und Blutdruck steigen, die Atmung wird schneller, die Muskeln spannen sich an und alle Sinne sind geschärft.
Das Problem heutzutage ist: Kampf oder Flucht sind bei den meisten Belastungen in unserer Zeit nicht mehr sinnvoll. Die durch die Stresshormone blitzschnell ausgeschüttete Zusatzenergie verläuft ins Leere. Dem „aufgeladenen“ Menschen bleibt kein Ventil, um den Druck abzubauen. Besteht die Anspannung auf Dauer wie z.B. bei Problemen im Job, der Familie, bei Existenzängsten und psychischer Belastung durch Corona-Maßnahmen, gerät der Organismus in einen dauerhaften, chronischen, gesundheitsbedrohlichen Alarmzustand.
Als Folge davon, stellt sich kein innerer Frieden ein und es fällt schwer, zur Ruhe zu kommen. Man fühlt sich immerzu überfordert und die Aggressivität steigt. Nachts beginnt das Kopfkino und die Gedanken drehen sich im Kreis, so wird Schlaf unmöglich. Die fehlende Nachtruhe beeinträchtigt wiederum die Leistungsfähigkeit und Laune am Tag. Ein Teufelskreislauf beginnt.
So kann es zu ernsthaften, organischen Erkrankungen bis hin zum totalen Burnout („Ausgebranntsein“) kommen.
Chronischer Stress macht krank, hier eine Auswahl an Symptomen:
- Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sinken
- Gereiztheit
- Schlafstörungen und Alpträume
- Verdauungsprobleme im Magen-Darm-Trakt wie Magenschmerzen, Krämpfe, Durchfall oder Verstopfung
- Bluthochdruck
- Herzrhythmusstörungen
- Tinnitus
- Schwindel
- Erektionsstörungen und Libidoverlust
- Haarausfall
- Depression
- geschwächtes Immunsystem
- Rückenschmerzen
uvm.
STRESS ABBAUEN IST DIE DEVISE
Vielen Menschen tut in angespannten Situationen Sport und Auspowern gut, um die aufgestaute Energie und den Druck loszuwerden. Auch sollte man darauf achten, nicht zu beruflichen Belastungen einen Freizeitstress mit zu vielen Terminen und Erwartungen – auch an sich selbst – aufzubauen. Smartphones und Co führen durch ständige Erreichbarkeit und ihren Suchtfaktor dazu, dass Körper und Geist nicht zur Ruhe kommen. Auszeiten von diesen Geräten (Stichwort: Bildschirmfasten) wirken beruhigend auf die Seele. Hervorragend eignen sich verschiedene Meditationstechniken und/oder Yoga um einen inneren Ausgleich zu finden. Letzteres hilft auch Verspannungen im Rücken, Schulter und Nackenbereich zu beheben.
Doch es gibt auch HILFE AUS DER NATUR:
Stressresistenter mit Rosenwurz
(Rhodiola rosea)
Dieses Dickblattgewächs wird schon sehr lange in der russischen und skandinavischen Volksheilkunde eingesetzt, ebenso in der chinesischen Medizin, um die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit in Stresssituationen zu steigern bzw. zu erhalten. Wie auch der sibirische oder asiatische Ginseng zählt Rosenwurz zu den so genannten pflanzlichen Adaptogenen. Dabei handelt es sich um Substanzen, die unseren Körper dabei unterstützen, Stress und Belastungen besser bewältigen zu können. Adaptogene können im Idealfall die Ausschüttung von bestimmten Hormonen und Botenstoffen beeinflussen, so dass eine Stressreaktion geringer ausfällt und die Erschöpfung der Reserven erst später oder vielleicht gar nicht eintritt. Ähnlich wirken können Schisandra (Wuweizi), Ashwagandha (Schlafbeere oder indischer Ginseng), manche Pilze (z.B.: Reishi) u.a.
Die Haupt-Wirkstoffe der Rosenwurzpflanze sind phenolische Glykoside wie Salidrosid und Rosavin. Die möglichen Anwendungsgebiete reichen von stressbedingter Erschöpfung, eingeschränkter (auch mentaler) Leistungsfähigkeit und Müdigkeit bis hin zu depressiven oder ängstlichen Verstimmungen.
Die Qualitätsunterschiede des pflanzlichen Ausgangsmaterials können sehr groß sein, so dass von einer Anwendung billiger oder aus dem Internet bestellter Pflanzenprodukte abgeraten werden muss. Es sollten nur geprüfte Rhodiola-Präparate mit deklarierten Inhaltsstoffen bevorzugt werden.
Vorsicht
Rhodiola ist nur für Erwachsene geeignet!
Falls Antidepressiva oder andere Psychopharmka eingenommen werden, sollten Rosenwurzprodukte nur nach ärztlicher Rücksprache hinzu kombiniert werden. Auch die Unbedenklichkeit für Schwangere und Stillende wurde bisher leider nicht ausreichend überprüft.
Bei Stress bedingten Magen- und Verdauungsproblemen wie beispielsweise Magen-schmerzen, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Völlegefühl usw. haben sich pflanzliche Tinkturen von Kamillenblüten, Kümmelfrüchten, Mariendistelfrüchten, Pfefferminzblättern und der bitteren Schleifenblume bewährt. Aber auch Tees dieser Heilpflanzen können die Beschwerden merklich lindern, wobei eine hohe Konzentration an Wirkstoffen mit Hilfe von Teezubereitungen kaum zu erreichen ist. Sollten die Beschwerden über einen längeren Zeitraum anhalten, sehr stark sein oder in der Schwangerschaft und/oder Stillzeit auftreten sollte ein Arzt konsultiert werden.
Bei Unruhezuständen und Schlafproblemen können z.B. der altbewährte Baldrian, Melisse, Hopfen, Passionsblume, Maca-Wurzel oder kalifornischer Mohn (Goldmohn) hervorragend helfen.
Relativ neu als Nahrungsergänzung erhältlich, fördert das körpereigene Schlafhormon Melatonin den gesunden Schlaf. Es soll die Einschlafzeit verkürzen, so dass das Kopfkino stoppt. Aber auch bei Durchschlafstörungen eignet sich Melatonin (z.B. in Spray-Form) perfekt. So wird es direkt über die Mundschleimhaut schnell aufgenommen.
Mittlerweile gibt es unterschiedliche Kombinationspräparate aus den oben genannten beruhigenden, schlaffördernden oder entspannenden, natürlichen Substanzen.
Vorsicht
Wiederum gilt: Vor der Anwendung bei Vorerkrankungen, in der Schwangerschaft und Stillzeit und Einnahme von Medikamenten bitte Rücksprache mit dem Arzt halten.
Grundsätzlich sollten bei anhaltendem Stress nicht nur körperliche Auswirkungen wie Bluthochdruck, Verdauungsprobleme usw. symptomatisch behandelt werden, sondern vor allem die Ursache, nämlich der Stress an sich. Zurückschalten, bewusste Auszeiten nehmen, zur Ruhe kommen bevor es zu spät ist. Bei Burnout Verdacht ist eine ärztliche Begleitung und Behandlung unbedingt notwendig.
Unterstützend können immer auch die Vitamine der B-Gruppe, die sogenannten Nervenvitamine, entspannendes Magnesium und bestimmte Aminosäuren wie z.B. das L-Tryptophan wirken.
Der Artikel Stress und seine Folgen ist erstmals auf APOgesund.at erschienen.