Fachkommentar: Mag. Pharm. Adelheid Tazreiter |
Muskelkater – Aus die Maus!
Vielleicht fragen Sie sich jetzt was Muskeln mit Mäusen zu tun haben. Das ist leicht erklärt: „Mäuschen“ ist die deutsche Übersetzung der lateinischen Bezeichnung „musculus“ für Muskel, denn dieser sieht in zusammengezogenem Zustand aus wie eine kleine Maus.
Mehr als 600 dieser „Mäuschen“ sorgen für unser Überleben – dass alle Stoffwechselvorgänge reibungslos ablaufen und wir uns fortbewegen können. Für jede noch so kleine Aktion, die in unserem Körper stattfindet, ohne, dass es uns überhaupt bewusst ist (atmen, schlucken, verdauen, ausscheiden u.a.) müssen sich Muskeln zusammenziehen und andere entspannen. Und alles, was wir ganz beabsichtigt mit einem Körperteil tun möchten (gehen, laufen, schreiben, halten, nehmen usw.), benötigt ebenfalls ein Zusammenspiel von bestimmten Muskeln, um zu funktionieren.
Grundsätzlich lassen sich drei Muskelarten unterscheiden:
- Quergestreifte Muskulatur: im Mikroskop ist eine Querstreifung von kleinen Muskel-Funktionseinheiten – Myofibrillen genannt – sichtbar, die Steuerung erfolgt willkürlich (also von uns bewusst gewollt). Dazu gehören alle Skelettmuskeln, die für die Motorik unseres Körpers verantwortlich sind.
- Herzmuskel: eigene Art von Muskel. Ist zwar unter dem Mikroskop quergestreift, arbeitet jedoch rhythmisch und ununterbrochen, ohne dass wir bewusst Einfluss nehmen können. Der Herzmuskel kann nicht krampfen, hat ein eigenes Reizleitungssystem und wird unwillkürlich über den so genannten „Sinusknoten“ gesteuert.
- Glatte Muskulatur: keine Querstreifung erkennbar, wird vom vegetativen Nervensystem, Hormonen (u.a.) gesteuert und entzieht sich unserer Kontrolle. Dazu gehört im Wesentlichen die Muskulatur der Verdauungsorgane, der Atmung und der Blutgefäße.
Ein einzelner Muskel besteht aus etlichen Muskelfaserbündeln, die wiederum etliche Muskelfasern enthalten. Sowohl die Faserbündel als auch der gesamte Muskel sind mit einer straffen Bindegewebshaut überzogen. Die einzelne Muskelfaser enthält so genannte Myosin- und Aktin- Filamente, die derart miteinander in Wechselwirkung treten, dass sich die Muskelfasern beim Anspannen des Muskels verkürzen und beim Entspannen dehnen können.
Skelettmuskeln sind an ihren Enden durch Sehnen mit den Knochenteilen an den Gelenken verbunden. Das Zusammenziehen des Muskels (Kontrahieren) ist nur aktiv unter Energieaufwand möglich, das Erschlaffen (Relaxieren) erfolgt passiv. Das Anspannen des Muskels führt über die Sehnenverbindung zu einer Bewegung des Knochens. Die Anzahl der Muskelfasern ist genetisch festgelegt, eine Zunahme der Muskulatur kann nur über das Dickenwachstum der Fasern erfolgen.
Je stärker der Muskel ist, desto leichter fällt das bewusste Anspannen und desto mehr Kraft kann übertragen werden. Sportler müssen daher regelmäßig trainieren, um ihre Muskeln belastbar zu halten. Soll ein Muskel viel Leistung erbringen, muss er also entsprechend viele „dicke“ Muskelfasern enthalten. Ist das nicht der Fall, kann es bei einem schlaffen ungeübten Muskel, der plötzlich im lang ersehnten Aktiv-Urlaub über Gebühr beansprucht wird, zu minimalen oder auch umfangreicheren Faser-Rissen kommen, wodurch kleine Entzündungsherde und Wasseransammlungen (Ödeme) im Muskel entstehen. Das Resultat spüren wir nach 12 – 24 Stunden in Form eines „Muskelkaters“.
Die lang propagierte sportmedizinische Annahme, dass eine Übersäuerung mit Milchsäure der Auslöser für Muskelkater sei („Lactathypothese“), gilt mittlerweile als widerlegt, da Milchsäure rasch abgebaut wird, während der typische Muskelkater-Schmerz meist erst am folgenden Tag auftritt.
Wer auf das schmerzhafte Gefühl, sich nicht bewegen zu können, gern verzichten kann, sollte sich schon vorab richtig vorbereiten.
Vorbeugende Maßnahmen
Aufbautraining: Heranführen der Muskeln (sowie der Sehnen, Bänder und Knochen) an die gewünschte Belastbarkeit durch regelmäßige Bewegung in steigendem Ausmaß. Dies ist ein längerdauernder Prozess, der sich über etliche Wochen bzw. Monate zieht. Wichtiger als die Intensität des Trainings ist die Häufigkeit und Regelmäßigkeit.
Aufwärmen vor dem Sport: mit einigen Übungen kann man den Bewegungsapparat auf die bevorstehende Tätigkeit vorbereiten und auf Touren bringen. Dadurch sinkt die Gefahr von Muskel-Zerrungen oder Verletzungen.
Wärmende Fluids oder Salben: besonders beanspruchte Muskelpartien können mit durchblutungsfördernden Wirkstoffen angewärmt werden. Sehr gut eignen sich pflanzliche Inhaltsstoffe aus Rosmarin, Kiefernadel Wintergrün, Terpentin u.a.
Einnahme von Magnesium: Dieser Mineralstoff hat unter anderem eine wichtige Funktion in der Regulation der Muskelarbeit (Zusammenziehen und Erschlaffen). Ein Mangel führt zu Muskelkrämpfen. Da Magnesium in relativ geringem Ausmaß im Darm aufgenommen wird, müssen höhere Dosierungen eingenommen werden (Fertigpräparate mit 300 – 400mg Magnesium und mehr).
Und was, wenn die Mäuse doch verkatert sind? Dann helfen folgende Maßnahmen:
- Sportpause oder Reduktion der Bewegungsintensität bis die Schmerzen nachlassen.
- Durchblutungsfördernde, wärmende Wirkstoffe in Form von Salben, Bädern oder Pflaster: beschleunigen die Regeneration des entzündeten Gewebes und lösen Verspannungen.
- Bei starken Schmerzen: nicht steroidale Antirheumatika (NSAR)
- zum Einnehmen (z.B.: Ibuprofen, Acetylsalicylsäure u.a.)
- zur äußerlichen Anwendung (z.B.: Diclofenac, Ibuprofen u.a.)
- Pflanzliche Mittel
- Arnika– oder Rosmarin-Extrakt in Creme oder Gel: wirkt entzündungshemmend
- Beinwell-Extrakt in Salbe
- Heiße Bäder, Sauna beschleunigen die Regeneration der Muskulatur.
- Leichte Massage: verbessert die Durchblutung und verringert die Beschwerden (Achtung: starke Massagen sind kontraproduktiv!)