Fachkommentar: Mag. Pharm. Adelheid Tazreiter |
Kein Sommer wie damals – So bleiben Sie cool bei 38° im Schatten.
Wir liebten das Gefühl. Wenn die Sonne zum Mittelpunkt des Lebens wurde und die Regeln des Alltags veränderte. Wir uns lebendig fühlten, wenn wir draußen waren und die Strahlen auf unserer Haut genossen. Als 30° Grad schon ein Rekord waren und Gewitter schnell die Schwüle vertrieben. Als diese Jahreszeit uns guttat.
Und jetzt? Hitzewelle, Wüstentage, Tropennächte – die neuen Schlagworte des Sommers . Wir bekommen vorgezeigt, wie sich das Klima wandelt. Hitze, die den Atem nimmt und Nächte, die nicht kühl werden. Und unser Körper, der das aushalten muss.
Es gibt etliche, die heiße Tage lieben. Die sich freuen, den Ballast der warmen Kleidung abwerfen zu können und endlich Haut zu zeigen. Die gerne in der Sonne brutzeln und in der Hitze Sport betreiben. Doch vielen anderen ist die Lust auf 38° Grad im Schatten vergangen. Zu groß die körperliche Belastung, zu schlapp die sonst so lebensfrohen Sommer-Abende.
Von Natur aus kann sich unser Körper sehr gut an äußere Temperaturschwankungen anpassen. Unser Gehirn regelt Körpertemperatur und Durstgefühl. Wenn die Körpertemperatur bei Hitze ansteigt, leitet unser Organismus sofort Gegenmaßnahmen ein. Es kommt zu einer Erweiterung der Hautgefäße und Erhöhung der Hautdurchblutung. Der Blutdruck sinkt, die Herzfrequenz steigt. Wir schwitzen. Durch die Verdunstung auf der Haut, gibt der Körper Wärme ab und kühlt ab.
Übermäßige Hitze – insbesondere an mehreren aufeinander folgenden Tagen – macht uns matt. Die Leistungsfähigkeit von Körper und Gehirn lässt bei vielen spürbar nach, die Effizienz und Konzentrationsfähigkeit sinkt – auch bei ganz gesunden Menschen. Brütende Temperaturen führen jedoch zunehmend auch zu gefährlichen Reaktionen unseres Organismus:
Der Blutdruck sackt ab
An sehr heißen Tagen kann es passieren, dass der körpereigene Kühlmechanismus die Gefäße so sehr erweitert und in der Folge der Blutdruck so stark sinkt, dass das Herz nicht mehr genug Blut bekommt, um das Gehirn mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Es kommt zum Hitzekollaps (=Hitzesynkope): man verliert (meist kurzfristig) das Bewusstsein. Besonders gefährdet sind Menschen, die sowieso an niedrigem Blutdruck leiden.
Flüssigkeits- und Elektrolytverlust
Starkes Schwitzen kühlt den Körper ab, birgt jedoch auch Gesundheitsgefahren: mit dem Schweiß verlieren wir – je nach Körpereinsatz und Außentemperatur – bis zu etwa 10 Liter Flüssigkeit pro Tag. Diese besteht zu > 99% aus Wasser und anderen Stoffen (z.B. Mineralstoffe wie Natrium, Chlorid, Kalium, Calcium, Magnesium u.a.). Werden die Flüssigkeit und die Mineralstoffe (Elektrolyte) nicht rasch ersetzt, kommt es zu Muskelkrämpfen – auch als Hitzekrampf bezeichnet. Bemerkt man erste Zeichen von Unwohlsein sollte man daher sofort den Schatten aufsuchen, Beine hochlagern und ein Elektrolytgetränk oder eine leere gesalzene Suppe trinken. Werden die Symptome ignoriert und geht man darüber hinweg, kommen Kopfschmerz, Übelkeit und Schwindel hinzu. Diese Hitzeerschöpfung kann in der Folge zum Hitzekollaps führen, der in extremen Fällen tödlich endet.
Anstieg der Körpertemperatur
Durch akute Überhitzung des Körpers, der nicht mehr in der Lage ist ausreichend gegen zu regulieren, entwickelt sich rasch ein lebensgefährlicher Hitzschlag. Die Körpertemperatur erhöht sich auf > 40° Grad (rektal gemessen). Ein Hirnödem, Krämpfe, Bewusstseinstrübung bis hin zu einer Hirnschädigung sind mögliche Folgen. Durch längere direkte Sonneneinstrahlung auf Kopf und Nacken kann es zu einem Sonnenstich kommen, der quasi ein Hitzschlag des Kopfes ist und in schlimmen Fällen zu ähnlichen Symptomen wie bei einem allgemeinen Hitzschlag führt. Kinder bis zwei Jahren sind durch die noch spärliche Kopfbehaarung und die weichen Fontanellen besonders gefährdet. Deshalb sollten sie nie der direkten Sonne ausgesetzt werden!
Diese hitzebedingten Gesundheitsgefahren sind im Steigen begriffen und auch die Anzahl der Hitzetoten erhöht sich von Jahr zu Jahr.
In Anbetracht der zukünftig immer extremer werdenden Folgeerscheinungen des Klimawandels ist ein Umdenken von Nöten. Wir müssen beginnen, die Hitze als solche als Gesundheitsgefahr ernst zu nehmen und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, um das Kühlsystem des Körpers nicht zu überfordern.
Und so bleiben Sie cool, auch bei 38° Grad im Schatten:
- Die Mittagszeit und den frühen Nachmittag möglichst in einem kühlen Raum verbringen. Direkte Sonneneinstrahlung vermeiden (Sonnenschirm, Kopfbedeckung mit Nackenschutz, im Schatten bleiben – keine Sorge, braun wird man auch unter dem Sonnenschirm, da ein gewisses Maß an UV-Licht durchdringt). Vorsichtig sollten auch Personen sein, die spezielle Arzneimittel einnehmen (bestimmte Antibiotika, Johanniskrautprodukte u.a.*) Kleinkinder und alte Menschen sollten überhaupt nie der direkten Sonne ausgesetzt werden!
- Sonnenschutz: Verwenden Sie einen hohen Lichtschutzfaktor und bedenken Sie dabei, dass Sie dadurch nicht weniger braun werden, dafür nachhaltig und ohne Sonnenbrand sowie Folgeschäden, die in Hautkrebs münden können. Für Babys und Kleinkinder gibt es spezielle Produkte (Siehe Seite 60). Bei Menschen, die für Fieberblasen anfällig sind, ist ein Lippenschutz mit hohem UV-Schutz zu empfehlen, da direkte Sonneneinstrahlung die Herpes-Viren „aktivieren“ kann.
- Helle, leichte, luftdurchlässige Kleidung tragen
- Eine erträgliche Raumtemperatur erreicht man durch richtiges Lüften (früh und abends/nachts) und Abdunkeln
- Unterschätzen Sie den Flüssigkeits- und Elektrolyt (Mineralstoff)bedarf nicht: An heißen Tagen sollten unbedingt 2 – 3 Liter zugeführt werden (Vorsicht bei Nieren- und Herzschwäche i mit dem Arzt absprechen!) Damit der Körper nicht in ein Defizit gerät, muss man trinken bevor der Durst kommt!
TIPP
Getränke sichtbar bereitstellen. Optimale Sommerdrinks sind zuckerfrei und nicht eisgekühlt. Am besten eignen sich Mineralwässer, nicht gesüßte Kräuter- und Früchtetees, Elektrolytgetränke und Ähnliches. Im Apotheker-Tipp (Seite 59) finden Sie mehr zum Thema „Belebende Sommerdrinks“
- Bevorzugen Sie kalorienarme, leichte Kost mit hohem Wassergehalt wie Gemüse, Früchte und Milchprodukte, das belastet den Körper nicht und versorgt Sie mit Vitaminen und Mineralstoffen zur Stärkung Ihres Immunsystems
- Kühlen Sie Ihren Körper durch Duschen, Fußbäder oder (falls möglich) Schwimmen regelmäßig ab – aber vermeiden Sie zu kalt gestellte und zugige Klimaanlagen! Der plötzliche extreme Temperaturwechsel belastet das Immunsystem und führt nicht selten zu Erkältungen. Verschwitzte Kleidung oder nasse Badeanzüge sollten sofort gewechselt werden, um eine Verkühlung oder Blasenentzündung zu vermeiden.
- Insektenschutz
Mücken, Gelsen, Wespen, Bienen, Zecken sind Quälgeister des Sommers, die allergische Reaktionen, Infektionen oder andere Erkrankungen (FSME) auslösen können. Neuerdings gelangen auch Insektenarten aus subtropischen Ländern zu uns, die möglicherweise für uns unbekannte Erkrankungen im Gepäck haben. - Schlafen
oft kühlt es in den Nächten so wenig ab, dass sich unser Körper nicht mehr entspannen und regenerieren kann – das trifft besonders auf so genannte „Tropennächte“ zu, in denen es nicht < 20° Grad abkühlt (in Wien gab es 2017 davon 28!) Abhilfe: halten Sie unbedingt schon tagsüber Ihr Schlafzimmer kühl (Abdunkeln, lüften nur ganz in der Früh und spät am Abend)! Zur Unterstützung eines gesunden Schlafs gibt es in der Apotheke pflanzliche Produkte mit Baldrian, Passionsblume, Hopfen, Melisse u.a. - Leiden Sie unter Venenproblemen und/oder kribbeligen, geschwollenen Beinen? Hitze verstärkt diese Beschwerden deutlich. Kühle Beinduschen und Fußbäder sowie Salben mit belebenden Wirkstoffen helfen Betroffenen durch die Hundstage. Bei
größeren Wasseransammlungen in den Beinen (Ödeme) sind pflanzliche abschwellende Wirkstoffe zum Einnehmen (z.B.: Aescin) sehr zu empfehlen. Die pralle Sonne sollte unbedingt vermieden werden. - Luftschadstoffe wie bodennahes Ozon, Feinstaub und Stickoxide sind typische Gesundheitsgefahren der heißen Jahreszeit. Speziell rund um große Städte überschreitet die Schadstoff-Konzentration immer wieder die Grenzwerte. Das führt zu einer Belastung der Atemwege und Verschlimmerung von Erkrankungen (z.B.: Asthma)
TIPP
Die ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) stellt auf ihrer Homepage täglich aktualisierte Informationen zur Hitze- und Schadstoffbelastung zur Verfügung http://www.warnungen.zamg.ac.at